Wo steht das in der Bundesverfassung?
Selbstverwaltung hat in Österreich offensichtlich einen großen Stellenwert. Umso erstaunlicher scheint es daher, dass bis 2008 nur die Gemeinden als Selbstverwaltungskörper in der Bundesverfassung genannt wurden. In den Artikeln 115 bis 120 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) werden die Einrichtung und die Organisation der Gemeinden geregelt. Wichtig ist, dass die Gemeinde ein durch die Verfassung geschütztes Recht auf Selbstverwaltung hat, das nicht eingeschränkt werden darf. Aber Achtung: Ein Recht auf Bestand als bestimmte Gemeinde gibt es nicht. Die Zusammenlegung von Gemeinden, wie das zuletzt in der Steiermark in großem Ausmaß passiert ist, ist erlaubt. In jedem Bundesland gibt es eine Gemeindeordnung, ein Landesgesetz, in dem die Organisation der Gemeinden und die Aufsicht detailliert geregelt ist.
Für alle anderen Selbstverwaltungskörper wurde erst 2008 ein eigener Abschnitt „Sonstige Selbstverwaltungskörper“ im B-VG geschaffen, der die Artikel 120a bis 120c umfasst. Die Aufnahme in die Bundesverfassung war vor allem seit dem Österreich-Konvent (2003-2005) diskutiert worden. Da bis dahin nur die Gemeinden in der Bundesverfassung geregelt waren, wurde vorgeschlagen, dass auch für die andere Selbstverwaltung zu tun. Dieser Vorschlag wurde dann 2008 mit dem 1. Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz umgesetzt.
In der Bundesverfassung ist jetzt geregelt, dass „Personen zur selbständigen Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben (…) durch Gesetz zu Selbstverwaltungskörpern zusammengefasst werden“ können. Außerdem werden die Grundzüge der Organisation (siehe unseren Beitrag dazu) festgelegt. Wichtig ist zu wissen, dass es keine Verpflichtung gibt, Selbstverwaltungskörper einzurichten. Unter Juristinnen und Juristen ist auch umstritten, ob es eine Garantie der Verfassung gibt, dass (einzelne) Selbstverwaltungskörper bestehen bleiben müssen. Nur in der Verankerung der Sozialpartnerschaft in Art. 120a B-VG wird eine Bestandsgarantie der großen Kammern gesehen.
Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch schon vor 2008 ein verfassungsrechtlicher Schutz der sonstigen Selbstverwaltung bestand. Dieser wurde vor allem durch Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes sichergestellt. Er hat sich dabei auf zahlreiche andere Bestimmungen der Bundesverfassung bezogen. Diese Entscheidungen sind noch immer maßgeblich. Daran hat auch die Schaffung der erwähnten Bestimmungen der Bundesverfassung nichts geändert. Wir wollen die wichtigsten davon in den nächsten Folgen kurz darstellen.