Welchen Einfluss hat das EP auf Asyl und Sicherheit?
Die Themen Sicherheit und Migration (zur wichtigen Unterscheidung von Migration und Asyl siehe LINK ZU SERIE ASYL) beherrschen – wie derzeit nahezu alle Wahlkämpfe – auch die Wahlen zum Europäischen Parlament (EP). Doch wie steht das EP zu Fragen der Sicherheit und des Asyls und welche Kompetenzen kommen ihm in diesen Bereichen zu?
In einer „Entschließung vom April 2016 zur Lage im Mittelmeerraum und zur Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes der EU für Migration“ sprach sich das EP für faire Verfahren und die Notwendigkeit eines tatsächlich Einheitlichen Europäischen Asylsystems aus. Für die Standpunkte des EP, wie das Asylsystem überarbeitet werden sollte, siehe die Infografik des EP. Anstelle einer umfassenden Reform legte die Kommission einen Gesetzesentwurf vor, der das bestehende System im Wesentlichen fortführt.
In Sicherheitsangelegenheiten bildet die EU einen gemeinsamen „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“, in welchem die Politikbereiche Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung, die Justizielle Zusammenarbeit (in Zivilsachen und in Strafsachen) und die Polizeiliche Zusammenarbeit enthalten sind (Titel V AEUV). Im Rahmen der „Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)“ waren anfangs vor allem Wirtschaftssanktionen vorgesehen. Im Laufe der Jahre – und mit den Verträgen von Amsterdam und Lissabon – kamen weitere Maßnahmen hinzu: humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze sowie auch Missionen außerhalb der Union zur Friedenssicherung, Konfliktverhütung und Stärkung der internationalen Sicherheit.
Die GASP umfasst auch eine „Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP)“. Eine gemeinsame Verteidigung setzt einen einstimmigen Beschluss des Europäischen Rats (also der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten) voraus. Einen solchen Beschluss fassen die Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften. Die österreichische Bundesverfassung sieht hier die Zustimmung von Nationalrat und Bundesrat mit erhöhten Quoren vor (Art 23j B-VG). Österreich hat sich darüber hinaus mit 24 anderen der (noch) 28 Mitgliedstaaten zu einer „Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (SSZ)“ (engl. PESCO) zusammengeschlossen,um die gemeinsame Verteidigungsarbeit zu vertiefen. Die Mitgliedsstaaten einigen sich hierbei einstimmig auf kollaborative Projekte, bspw. zur Cybersicherheit oder militärischen Katastrophenhilfefähigkeit.
Diese wenigen Angaben machen schon deutlich, dass die Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich ziemlich kompliziert ist. Gerade weil Sicherheit von vielen als eine der wichtigsten staatlichen Aufgaben angesehen wird, will niemand „das Heft aus der Hand“ geben. Wenn Einstimmigkeit gefordert wird, kann auch noch der kleinste Mitgliedstaat ein Veto einlegen und deutlich an Macht gewinnen. Eine weitere, noch immer nicht wirklich geklärte Frage, betrifft auch die demokratische Kontrolle der EU-Sicherheitspolitik. Mit dem Vertrag von Lissabon wurden zwar Informationsrechte für Parlamente geschaffen, aber viele Informationen sind „klassifiziert“ (besonders geschützt) und vieles bleibt geheim.
Wenn nun im Europawahlkampf von den „Vereinigten europäischen Staaten“ die Rede ist, ist die Frage nach der „immerwährenden Neutralität“ Österreichs meist nicht weit. Sie ist in der österreichischen Bundesverfassung festgeschrieben und besagt, dass Österreich „keinen militärischen Bündnissen beitreten“ darf (Bundesverfassungsgesetz über die Neutralität Österreichs). Als Österreich 1995 der EU beitrat, wurde daher ebenso in der Verfassung klargestellt, dass es an der GASP teilnehmen darf (Art 23j B-VG). Eine Einschränkung besteht jedoch: Die Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen sind zu wahren. Außerdem ist für alle Beschlüsse im Rahmen der GASP die Mitwirkung des Nationalrats vorgesehen (Art 23 Abs 3 B-VG).