Braucht die Bundesregierung immer eine Mehrheit?

In Österreich gibt es ein Verhältniswahlrecht (siehe Themenschwerpunkt Nationalratswahlen). Es soll die Stimmen, die die einzelnen Parteien bekommen haben, möglichst genau in Mandate umsetzen. Je mehr Parteien unter diesen Bedingungen bei den Wahlen antreten, umso weniger wahrscheinlich ist es, dass eine Partei eine absolute Mehrheit, also mehr als 50% der Mandate im Nationalrat erreicht. Daher ist es in Österreich üblich, dass sich zumindest zwei Parteien (so war das jedenfalls bisher immer) zu einer Koalition zusammenfinden. Dieses System wird immer wieder kritisiert. So wurde z.B. vorgeschlagen, der stärksten Partei einen „Bonus“ zu geben, damit sie allein regieren kann oder mehr potentielle Koalitionspartner zur Verfügung hat. Eine andere Möglichkeit, die in den letzten Monaten immer wieder diskutiert wurde, ist die einer Minderheitsregierung. Für ein neues Wahlrecht müsste die Bundesverfassung geändert werden, eine Minderheitsregierung ist auch schon jetzt möglich. 

In der Bundesverfassung gibt es keine Regel, die vorschreibt, dass die Bundesregierung auf jeden Fall die Unterstützung einer Mehrheit haben muss. Allerdings haben die Bundespräsidenten bei der Ernennung eines Bundeskanzlers und daran anschließend der Bundesregierung immer darauf geachtet, dass diese ausreichende Unterstützung hat und nicht sofort mit einem Misstrauensantrag rechnen muss.