Was ist, wenn die Wahl angefochten würde?
Vielen sind noch die Aufhebung der Bundespräsidentenwahl 2016 und die Wiederholung der gesamten Wahl in Erinnerung. Das war nicht nur aufgrund des großen Aufwands und des langen Wahlkampfes ein besonderes Ereignis. Weil das Amt des Bundespräsidenten nach sechs Jahren automatisch endet, gab es über ein halbes Jahr „keinen“ Bundespräsidenten in Österreich. Seine Aufgaben mussten von der Präsidentin und dem 2. und 3. Präsidenten des Nationalrates übernommen werden.
Genauso wie die Bundespräsidentenwahl kann auch die Nationalratswahl beim Verfassungsgerichtshof angefochten werden. Der Verfassungsgerichtshof muss dann entscheiden, ob es bei der Wahl zu Rechtswidrigkeiten gekommen ist (ob also Verfahrensregeln nicht beachtet oder verletzt wurden). Und er muss darüber
entscheiden, ob diese Rechtswidrigkeit Auswirkungen auf das Ergebnis hatte.
Einen Antrag auf Aufhebung der Wahl in ganz Österreich oder in einzelnen Wahlsprengeln können nur jene Wahlparteien stellen, die rechtzeitig (vor der Wahl) einen Wahlvorschlag eingebracht haben. Es kann also nicht jede/r so einen Antrag einbringen. Der Antrag muss innerhalb von vier Wochen nach Beendigung der Wahlen eingebracht werden.
Besonders bei der Anfechtung einer Nationalratswahl ist, dass sie keine „aufschiebende“ Wirkung hat. Das heißt, auch wenn es eine Wahlanfechtung gibt, kann der Nationalrat am 23. Oktober 2019 zusammenkommen und seine Tätigkeit aufnehmen. Wenn der Verfassungsgerichtshof feststellt, dass es Rechtswidrigkeiten gegeben hat, ordnet er an, wo eine Wiederholung der Nationalratswahl stattzufinden hat. Das kann je nach Antrag das ganze Bundesgebiet, ein Bundesland oder auch nur ein Wahlsprengel sein. Da bei einer Nationalratswahl – anders als bei der Bundespräsidentenwahl – alle Wahlkarten genau einem Wahlsprengel zugeordnet werden können, muss hier nicht alles wiederholt werden. Wenn die Wiederholung eines Teils der Nationalratswahl zu einer neuen Stimmen- und Sitzverteilung führt, dann kann es sein, das Abgeordnete zum Nationalrat ihr Mandat aufgeben müssen und durch neue ersetzt werden. Das war zum Beispiel bei der Nationalratswahl 1996 der Fall.