Der Verfassungsgerichtshof und die Grundrechte
Mit dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) wird der Schutz von Grund- und Menschenrechten verbunden. Wir haben gesehen, dass das bei der Prüfung von Gesetzen ein ganz zentrales Thema ist (siehe Post 9). Aber was ist mit Entscheidungen oder Maßnahmen von staatlichen Behörden, die Einzelpersonen ganz konkret betreffen?
Lange Zeit war dafür der VfGH tatsächlich eine ganz wichtige Anlaufstelle. Mit der „Bescheidbeschwerde“ konnte man sich – relativ schnell – an ihn wenden, um sich gegen die Verletzung „verfassungsmäßig gewährleisteter“ Rechte (das sind im Wesentlichen Grund- und Menschenrechte) zu wehren. Und mit etwas Phantasie konnte man damit sogar Gesetze zu Fall bringen (so gehen die „Ortstafel-Entscheidungen“ zu zweisprachigen Aufschriften in Kärnten auf Beschwerden gegen Strafbescheide wegen Schnellfahrens zurück!). Allerdings hat das auch dazu geführt, dass der VfGH eine sehr hohe Anzahl an Fällen zu entscheiden hatte und die Verfahren immer länger dauerten.
Um diese Situation zu verbessern, gibt es seit 2014 nur mehr die „Entscheidungsbeschwerde“. Damit kann man gegen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte vorgehen, wenn man meint, in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden zu sein. Eine Beschwerde ist auch möglich, wenn man meint, dass das Verwaltungsgericht ein verfassungswidriges Gesetz angewendet hat.
Die Betonung von „verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten“ macht schon deutlich: Beim VfGH kann man nicht „gegen alles“ vorgehen. Er prüft nicht, ob alle Vorschriften in einem Fall korrekt angewendet wurden (z. B. jedes Detail der Genehmigung oder Untersagung des Baus einer Flugbahn). Sondern er prüft nur die wirklich „großen Eingriffe“ in die Rechte von Personen (z. B. hat das Gericht willkürlich entschieden?).
Der VfGH kann die Entscheidung des Verwaltungsgerichts aufheben oder die Beschwerde abweisen (weil die/der Beschwerdeführer/in nicht in Rechten verletzt wurde). Wenn die Beschwerde schon aus formellen Gründen nicht passt, wird sie zurückgewiesen. Und er kann die Behandlung der Beschwerde auch ablehnen. Das geht dann, wenn kaum Aussicht auf Erfolg besteht oder keine Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage zu erwarten ist. Das klingt hart, es soll aber verhindern, dass der VfGH mit Beschwerden überlastet wird, die wenig bringen, und so keine Zeit für die wirklich wichtigen (und dringenden) Fälle bleibt. Aber keine Sorge: Auch bei Ablehnung oder Abweisung muss es noch nicht vorbei sein – dann besteht die Möglichkeit, dass sich der Verwaltungsgerichtshof noch mit der Sache (und das im Detail) befasst.